Anschaffung einer mit einem Wohnrecht belasteten Liegenschaft

Das Wohnrecht ist ein unübertragbares Nutzungsrecht. Es erlaubt dem Wohnrechtsberechtigte, ein Gebäude oder Teile davon unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen. Wurde das Wohnrecht im Grundbuch verbrieft, kann es gegen jedermann im Klagsweg durchgesetzt werden.

Der Erwerber einer wohnrechtsbelasteten Liegenschaft hat im Vergleich zum Erwerber einer lastenfreien Liegenschaft einen geringeren Kaufpreis zu entrichten. Erlischt das Wohnrecht durch Zufall ("Todeseintritt beim Wohnrechtsberechtigten"), so zählt das Wohnrecht nicht zu den Anschaffungskosten. Erlischt das Wohnrecht hingegen durch Leistung einer Ablösezahlung, zählt diese zu den nachträglichen Anschaffungskosten.
Welche Folgen diese unterschiedliche Beurteilung auf eine spätere, steuerpflichtige Veräußerung zeitigt, soll anhand des folgenden Beispiels demonstriert werden.

Beispiel:
A kaufte 2003 eine Liegenschaft, deren lastenfreier Verkehrswert € 300.000 betrug.
Variante a): A kaufte die Liegenschaft lastenfrei um € 300.000 bar.
Variante b): A kaufe die Liegenschaft um € 150.000 bar, Verkäufer X behielt sich aber ein lebenslanges Wohnrecht vor. Somit konnte A bis zum Tod des X nicht frei über seine Liegenschaft verfügen. X verstarb im Frühling 2011.
Variante c): Wie b), nur leistete A wenige Monate nach der Anschaffung des Grundstückes dem Verkäufer bzw. Wohnrechtsberechtigten X eine Ablösezahlung von € 150.000, damit dieser vorzeitig auf sein Wohnrecht verzichtet.

Im Sommer 2011 verkauft A die Liegenschaft um € 400.000. Wie hoch ist der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn?

Lösung:

  Variante a) Variante b) Variante c)
Anschaffungskosten bar 300.000 150.000 150.000
Ablösezahlung Wohnrecht 0 0 150.000
Anschaffungskosten gesamt 300.000 150.000 300.000
Veräußerungserlös 400.000 400.000 400.000
steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn 100.000 250.000 100.000


Im Zusammenhang mit der Berechnung der Grunderwerbsteuer wird hingegen in der Wohnrechtsbelastung eine vom Erwerber übernommene Gegenleistung erblickt. Das Wohnrecht ist zu bewerten und unterliegt ebenso wie der Kaufpreis der Grunderwerbsteuer.

Tipp: Bevor Sie vorschnell bei einem auf den ersten Blick vermeintlichen "Schnäppchen" zuschlagen und einen Kaufvertrag unterschreiben, sollten Sie den Vertrag vorab von uns auf allfällige Gestaltungs- und Verbesserungsmöglichkeiten überprüfen lassen.

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